Pornografie gehört im Internet hinter ein AVS. Punkt. Das steht in der derzeitigen Fassung von § 4 Abs. 2 JMStV (pdf). Es wird auch in der neuen Fassung – wann immer sie in Kraft treten mag – des Jugendmedienschutzstaatsvertrags stehen und entspricht voll und ganz meiner persönlichen Überzeugung. Wir können das unten gerne ausdiskutieren, falls es jemand anders sieht. Absolute Freiheit für Pornografie gibt es in fast keinem Staat. Man kann (und muss) allenfalls darüber streiten, was heutzutage Pornografie ist und welche Anforderungen an ein AVS zu stellen sind. Zu hinterfragen ist auch die Haltung der deutschen Behörden, vergleichsweise strenge und teure Anforderungen an inländische Anbieter zu stellen, während angeblich im Ausland veranstaltete Dienste wie xHamster oder YouPorn von jeder Regulierung unbehelligt ihr Unwesen treiben können und so den nationalen Jugendmedienschutz ad absurdum führen.
Ein paar ganz interessante Wahrheiten über Pornografie im Internet hat jüngst OnlineMBA veröffentlicht. Das sieht nicht nur hübsch aus. Man kann auch noch was lernen.
Via: Online MBA
Ich bin dagegen, aufgrund der vermeintlich uneindämmbaren Flut illegaler Angebote jede rechtliche Beschränkung für die Verbreitung pornografischer Inhalte im Internet fallen zu lassen. Aber was tun gegen evident rechtswidrige Angebote, deren Betreiber sich in der Anonymität des Netzes verbergen? Gerne und oft wird behördenseits verlautbart: Das kommt aus dem Ausland, dafür sind wir nicht zuständig, dagegen können wir nichts tun und Sperrungsverfügungen wollt Ihr ja nun auch nicht haben.
Nein, so leicht darf man es sich nicht machen.
Dass man auch international allgemein anerkannte Rechtsprinzipien jenseits ungeeigneter, unangemessener und folglich verfassungswidriger Sperrungsverfügungen durchsetzen kann, beweist die UDRP zur Eindämmung des Domaingrabbings. Wie der Pornoanbieter versteckt sich der Domaingrabber in Tuvalu oder in GoDaddy. Trotzdem kriegt man ihn. Der Domaingrabber kann sich aber in dem Verfahren auch verteidigen. Wenn er – verkürzt dargestellt – ein berchtigtes Interesse an der Domain geltend machen kann, hat er nichts zu befürchten. Keiner ruft Zensur. Warum also nicht Vergleichbares im internationalen Kontext zum Zwecke des Jugendmedienschutzes aufsetzen? Klar, man müsste sich auf einen Mindeststandard einigen, der ruhig etwas enspannter als das nationale Jugendschutzrecht sein kann (die UDRP ist in Teilbereichen schließlich auch entspannter als das nationale Markenrecht). Wegen der fast universellen Regulierung von Pornografie in nationalen Rechtsordnungen wäre ein fruchtbarer Nährboden für eine internationale Einigung vorhanden.
14 Comments
Eine der ältesten Nerd-Weisheiten lautet bekanntermaßen nicht grundlos “the internet is for porn”. So wie in der “echten” Welt der Krieg der Vater aller Dinge ist, so ist es technologisch die Pornographie, die viele Entwicklungen immer weiter vorantreibt. Mal ganz wertungsfrei gesagt. Damit will ich jetzt erstmal keine Stellungnahme zu den oben angedeuteten Rechtsfragen verbinden, das Thema ist in der Tat sehr schwierig.
@Referendar: Ein richtiger und wichtiger Gedanke. Niemand von uns kann und will Pornografie verbieten. Geht nicht, weil Meinungsfreiheit. Komplett freigeben geht aber ohne Verfassungsänderung auch nicht, weil Sonderschranke Jugendschutz und Schutzpflicht des Staats. Man muss also einen international akzeptierten, technischen Weg der Zugriffsbeschränkung ohne Collateral Damage finden. Ich denke, dass wir uns da aber einig sind.
Auch ich habe keine Patentlösung für dieses Dilemma. Was ich aber spontan bemerken möchte: Danke für diesen Beitrag und den Anstoß zur Diskussion. Ihr Beitrag unterscheidet sich von vielen anderen nämlich dadurch, dass er wohltuend sachlich und unaufgeregt ist (nachdem dieses Thema ja scheinbar nicht nur die Gemüter so erregt). Viele Grundsatzfragen der Internetnutzung kreisen um das Problem, große Lösungen für große Probleme suchen zu wollen, ohne damit irgend etwas (außer der Problembeschreibung vielleicht) zu erreichen. Wie wäre es denn damit, mit kleinen Lösungen zu beginnen, ohne die großen Probleme damit verniedlichen zu wollen. Wie schon in meinem Beitrag zum “Schutz der Schwächeren im Internet” (www.lto.de) ausgeführt, schadet die vermeintlich freiheitliche Nichtregulierung des Netzes in erster Linie den Opfern der globalen Digitalisierung, unter anderem den Minderjährigen. Das Recht wird seiner Schutzfunktion im Internet derzeit nicht gerecht. Eine Versachlichung der Debatte tut Not. Gesucht wird nach ersten konstruktiven Vorschlägen jenseits der ideologischen Schubläden.
Irgendwo habe ich mal gelsen, den Jugendmedienschutz müsste man wie das Anschrauben eines Reifens ans Auto angehen: Es funktioniert einfach nicht, wenn man gleich die erste Schraubenmutter an der Felge bis zum Anschlag festzieht. Die nachfolgenden Muttern lassen sich dann nicht mehr fixieren, weil die Felge schief sitzt. Vielmehr muss man mit der ersten Mutter locker anfangen, und diese nur halb auf die Schraube drehen, so dass sie einigermaßen hält, und dann die verbleibenden Muttern auf die verbleibenden Schrauben draufsetzen und auch diese nur leicht andrehen, um dann am Ende, wenn sämtliche Muttern am richtigen Platz sitzen und das System steht, alles nacheinander festzuzurren. Dieses Bild passt eigentlich ganz gut für den Jugendmedienschutz. Anders lässt er sich wohl politisch und international nicht durchsetzen. Sie haben Recht, Herr Prof. Heckmann: Gleich im ersten Aufschlag wird es die perfekte Lösung nicht geben. Man sollte sich von diesem Anspruch verabschieden.
Wenn Sie den Gedanken konsequent zu Ende denken, dann müssten Sie m.E. zu dem Schluss kommen, dass ein großer Teil des Internet hinter einem Alterverifikationssystem versteckt werden müsste. Wir reden nämlich nicht nur über “Erwachsenenunterhaltung”, sondern auch über verschiedene Altersgruppen (ab 12, ab 14, ab 16 und ab 18). Und auch hier bedürfte es einer Lösung.
Ich teile in dessen weder Ihre Thesen, noch gar Ihr Ergebnis. Ausgangspunkt ist nämlich nicht nur das berechtigte Anliegen des Jugendschutzes sondern eben auch ein Rechtsgut, das bei Ihnen überhaupt keine Rolle zu spielen scheint: das Recht jedes Menschen (und nicht zuletzt auch der Erwachsenen) sich frei zu informieren.
Soweit der Konsum gewisser Inhalte nicht strafbar ist, hat der Staat meines Erachtens zunächst keine Berechtigung sich in meinen (Medien-) Konsum als Erwachsener einzumischen. Wenn Sie sich hier bevormunden lassen wollen, bitte. Ich möchte das ganz prinzipiell nicht.
Altersverifikationssysteme aber tun genau dies: Aufwand und Kosten pro Nutzer sind derart hoch, dass sich kostenlose/werbefinanzierte Inhalte zusammen mit einem Alterverifikationssystem nicht mehr rechnen. Also werden entsprechende Inhalte in Deutschland nicht angeboten.
Sie können sich ja selbst einmal überlegen, wieviel Leser dieses Blog hätte, wenn Sie nur um die Kosten des AVS zu refinanzieren gezwungen wären, von jedem Leser initial (also bevor er die Inhalte zur Kenntnis nehmen konnte) sagen wir 30,- Euro berechnen müssten.
Es mag in Ihren Ohren ironisch klingen, aber auch der Jugendschutz muss die berechtigten Interessen von Erwachsenen berücktsichtigen.
Und um zum aktuellen JMStV zurückzukommen. Eine Jugendschutzlösung kann nur funktionieren, wenn sie von Eltern UND Minderjährigen als Hilfe und Unterstützung begriffen wird und deshalb Nachfrage besteht. Autoritär-paternalistischer Staatsjugendschutz wird nur auf nachhaltige Ablehnung stoßen – besonders, wenn er in einer derart bürokratischen Form daherkommt, wie der aktuelle JMStV.
@MPFoerster:
Wir haben ja die Meinungsfreiheit. Sie dürfen das schreiben und sollen das auch schreiben dürfen. Aber Manches davon ist – with all due respect – in meinen Augen unvertretbar, weswegen ich Ihr Posting richtig ausführlich kommentieren möchte:
1.
Ich habe von Pornografie geschrieben, also von “FSK18-Inhalten”, von nichts anderem. Inhalte für Altersstufen unterhalb der Stufe “FSK18″ müssen nicht hinter ein AVS. Das steht nicht im Gesetz. “Weichere” Angebote, beispielsweise schlicht erotische Inhalte, unterfallen § 5 JMStV. Sie sind nicht unzulässig, sondern ggf. nur “entwicklungsbeeinträchtigend” für die von Ihnen zitierten Altersstufen. Und sie dürfen frei verbreitet werden. Es genügt die Programmierung der Inhalte für ein anerkanntes Jugendschutzprogramm im Sinne des § 11 JMStV, das allerdings keine Identifikation des Nutzers und keine Verifikation seines Alters erfordert. So ist es im derzeit noch geltenden Jugenmedienschutzstaatsvertrag geregelt. Ihre Meinungs hat ihren Niederschlag im Gesetz gefunden. Sie können sich also ruhig freuen und brauchen nichts zu befürchten. Ist doch schön, oder?
2.
Richtig. Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit sind Grundrechte. Aber das bedeutet nicht, dass alles frei sein muss. Unsere Verfassung sieht zwingend vor, dass zugunsten des Jugendschutzes die Meinungs- und die Informationsfreiheit eingeschränkt werden können und müssen. Sie können gerne die Verfassung ändern, dann kann man über Ihren Ansatz diskutieren.
Ganz abgesehen davon bitte ich um Lektüre meiner Antwort auf den Kommentar von “Referendar”, wo ich davon spreche, dass ich eine Zugangsbeschränkung nur dann als verfassungsgemäß erachte, wenn sie “Collateral Damage” vermeidet. Für Sie schreibe ich es noch einmal klarer: Es geht mir um eine Lösung, die nur für Kinder und Jugendliche unzulässige Inhalte (aka Pornografie) erschwert zugänglich macht. Um nichts anderes. Ein “Overblocking” darf nicht stattfinden. Kein Mensch will, dass nicht-pornografische Inhalte hinter einem AVS verschwinden. Oder kennen Sie jemanden, der das fordert? Hier tut es jedenfalls niemand. Und sollte es jemand fordern, dann gibt’s einen Satz heiße Ohren in Gestalt eines Vortrags über Art. 5 GG.
Außerdem: Man kann durchaus hinterfragen, ob die derzeitigen Anforderungen an AVSe angemssen sind. Das Gesetz verlangt, dass es “sichergestellt” sein muss, dass Minderjährige nicht Pornografie gelangen. Dies wird von den Behörden weiter intensiviert, indem im Rahmen der Identifizierung ein “persönlicher Kontakt” stattgefunden haben muss. Ich persönlich finde das zu streng. Für den Moment müssen wir wohl damit leben.
3.
Nicht der Konsum normaler Pornografie ist strafbar. Das ist schlicht falsch. Der Staat mischt sich da gar nicht ein. Sie dürfen soviel miteinander kopulierende Erwachsene angucken, wie Sie möchten. Das Anbieten von Pornografie an Minderjährige ist strafbar, und zwar war es das schon immer und nicht erst, seit es das Internet gibt.
4.
Es gibt Erwachsenenunterhaltung im Internet, die von Deutschland aus veranstaltet wird. Haben Sie schon einmal von bluvista.tv oder erotik1.de gehört? Es gibt noch viel mehr. Die verhalten sich rechtmäßig und verdienen trotzdem Geld. Ich gebe Ihnen Recht, dass für die Altersverifikation Kosten entstehen, die auf die Nutzerentgelte umgelegt werden. Aber warum soll man für Pornos nicht mehr bezahlen als für andere Inhalte? Für Pornos darf nicht in der Öffentlichkeit geworben werden. Auch in der Videothek ist der Porno teuerer als Biene Maja. Das ist halt Special Interest. Das Problem ist, dass aufgrund der vielen illegalen Angebote aus dem angeblichen Ausland ganz erhebliche Wettbewerbsnachteile für rechtmäßig handelnde deutsche Anbieter entstehen. Hier sehe ich ein massives Probelm.
5.
Wieso sollte mein Blog hinter ein AVS? Sind die Inhalte, die ich hier zum Abruf bereit halte, schwer jugendgefährdend? Birnen und Äpfel vielleicht?
6.
Der Jugendschutz muss die berechtigten Interessen der Erwachsenen berücksichtigen. Das klingt in meinen Ohren nicht ironisch. Es ist verfassungsrechtlich geklärt und es entpsicht meiner Auffassung, dass es Erwachsenen schlichtweg unzumutbar ist, nur kindgerechte Inhalte konsumieren zu dürfen. Aber worüber beschweren Sie sich eigentlich? Ich jedenfalls weiß, wie ich an rechtmäßige pornografische Inhalte im Internet rankomme. Ich muss halt dafür bezahlen. Ja und? Oder verlangen Sie Porno for Free für Alle?
7.
Sie haben Recht damit, dass man die Eltern mit ins Boot holen muss. Man darf dem Staat nicht alles überlassen. Auch nach meiner Meinung haben sich die Jugendschutzbehörden im Umgang mit der bislang geltenden Fassung des JMStV nicht nur mit Ruhm bekleckert. Stichwort Jugendschutzprogramme: Es darf nicht sein, dass der Industrie in diesem wichtigen Bereich keine Lösung angeboten wurde, weil auch angemessene Lösunhgen es nicht zur Anerkennung geschafft5 haben. Aber dieses Problem ist erkannt und soll mit der Neufassung des JMStV behoben werden. Im neuen Gesetz werden die Eltern stärker mit in die Verantwortung genommen. Bisher war es leider so, dass manche Eltern noch weniger Ahnung vom Internet hatten als der Staat. Mit der nachwachsenden Generation von Eltern, die mit dem Internet aufgewachsen sind, wird sich dies natürlich regeln. Ich jedenfalls weiß genau, wie ich meine sechsjährige Tochter schütze.
zu 1.
Ich dachte Sie hätten Altersverifikationssysteme grundsätzlich zum Zwecke des Jugendschutzes begrüßt. Wenn Sie nur Pornografie im Sinne von pornografischen “FSK18-Inhalten” meinten, habe ich Sie missverstanden. Interessant wäre im Zweifel die Differenzierung, bei welchen Inhalten Sie ein AVS begrüßen würden und bei welchen nicht.
zu 2.
Ich hatte nicht geschrieben, dass alles “frei” sein muss. Ich hatte auf den hohen Wert der Informations- und Meinungsfreiheit hingewiesen.
zu 3.
Ich hatte nicht behauptet, dass der Konsum von Pornografie strafbar ist, sondern wollte im Gegenteil darauf hinweisen, dass gerade weil der Konsum nicht strafbar ist, es im Zweifel gute und vernünftige Gründe (des Jugendschutzes) geben müsste, bevor man auch die Informations- und Meinungsfreiheit von Erwachsenen einschränkt.
zu 4.
Die mit einem AVS verbundene Einschränkung für die Informations- und Meinungsfreiheit sehen Sie offensichtlich auch. Die Nutzlosigkeit in Folge ausländischer Angebote erwähnen Sie ebenfalls. Wofür dann AVS?
zu 5.
Das war ein Beispiel dafür, wie sich AVS als generelles Mittel des Jugendschutzes auswirken würde. Ich habe aber verstanden, dass Sie AVS nur bei FSK18-Pornografie befürworten.
zu 6.
Abgesehen von dem unterirdisch polemischen Gehalt Ihrer Stellungnahme an dieser Stelle (keine Sorge: Sie dürfen das schreiben und sollen das auch schreiben dürfen, wenn es nach mir geht): Mir geht es darum, dass es eine Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit nur dann geben sollte, wenn es aus Gründen des Jugendschutzes wirklich erforderlich ist. Weder der alte JMStV noch der neue JMStV-E stellt sich der realen Welt. Denn wenn Sie sich im Internet auskennen würden (die meisten Kinder und Jugendlichen tun das), dann wüßten Sie, wie Sie an Pornografie im Internet herankommen, ohne bezahlen zu müssen und ohne AVS.
zu 7.
Sie verweisen auf die Verantwortlichkeit der Eltern – soweit richtig. Ich hatte aber auch die Kinder und Jugendlichen erwähnt. Und auch bei denen muss es eine “Nachfrage” geben. Oder gehen Sie allen Ernstes davon aus, Sie könnten bei Ihren Kindern bis ins 18 Lebensjahr hinein autoritär bestimmen, was diese im Internet sehen dürfen und was nicht?
@MPFoerster
zu 1.
Im Bereich Erotik geht es mir nur um pornografische Inhalte.
zu 2.
Wir sind einer Meinung.
zu 3.
Danke für die Klarstellung. Die “Nichtstrafbarkeit des Konsums durch Erwachsene” erachte ich als Kriterium jedoch für untauglich, weil es beim Jugendschutz stets um die Regulierung von Inhalten geht, deren Konsum durch Erwachsene unproblematisch ist, aber durch Minderjährige schwierig sein kann.
zu 4.
Ich bin der Auffassung, dass man den Jugendschutz nicht fallen lassen darf, nur weil es überall rechtswidrige Angebote gibt. Vielmehr sehe ich eine Verpflichtung des Staats, nicht zuletzt aus Gründen der Gleichbehandlung und weil er im Bereich des Jugendschutzes eine Schutzpflicht hat, gegen rechtswidrige Angebote, die überall illegal sind, vorzugehen. Dies habe ich in meinem Artikel erläutert. Anders als bei gewerblichen Schutzrechten oder im Wettbewerbsrecht, gibt es beim Jugendschutz niemand anderen als den Staat, der die Einhaltung der Gesetze durchsetzen kann. Nach meiner Meinung nehmen es die Behörden bei inaländischen Anbietern zu genau, während sie in Bezug auf evident illegale ausländische Angebote ihrer Schuztpflicht überhaupt nicht nachkommen. Das geht nicht.
zu 5.
Okay. Wir sind beieinander.
zu 6.
Das war nicht polemisch gemeint. Bei Pornografie sehe ich aus Gründen des Jugendschutzes ein AVS als erforderlich an. In § 4 Abs. 2 stellt sich der JMStV nach meiner Auffassung der realen Welt und sieht in Bezug auf die prinzipiele Herangehensweise das richtige Instrument vor. Wie schon im Artikel und in meinen Kommentare zum Ausdruck gebracht, meine ich, dass man darüber diskutieren kann und muss, was Pornografie ist und wie streng/durchlässig eine AVS sein muss/darf. Dies ist aber kein Problem des JMStV, sondern ein Problem der Auslegung duch Gerichte und Behörden.
zu 7.
Nein, das meine ich nicht. Mir als Vater soll aber die Entscheidung darüber belassen bleiben, wann und wie ich mein Kind an problematische Inhalte heranführe. Wenn man keine Beschränkungen vorsieht, liegt die Entscheidungsgewalt bei youporn und xHamster. Dann sind die Eltern aus dem Spiel ganz raus. Super.
Was ist mit § 4 Nr. 11 UWG?
(Dazu allerdings kritisch Koreng, Zensur im Internet, 2010, S. 167 f. m.w.N.)
Ich glaube, da fehlt momentan eher der Wille, als der Weg.
Insgesamt finde ich die Situation extrem vertrackt. Bislang habe ich mir nur eine Meinung darüber gebildet, was nicht geht, habe aber noch keine Vorstellung davon, wie man das Problem etwa des Jugendschutzes im Internet adäquat lösen könnte.
zu 3.
Wenn wir einer Meinung sind, dass Informations- und Meinungsfreiheit ein hohes Gut ist und auch übereinstimmen, dass der Konsum von Pornografie für Erwachsene nicht strafbar ist, dann müsste man doch auch zu dem Ergebnis kommen, dass die Regulierung von Inhalten zum Zwecke des Jugendschutzes auch berücksichtigen muss, dass der damit verbundene Eingriff für Erwachsene – wenn irgend möglich – gering sein sollte.
Das scheint mir aktuell überhaupt keine Rolle zu spielen. In der Debatte um Jugendschutz und auch den neuen JMStV-E wird praktisch jede konkrete Massnahme begrüßt, weil:
a) Es geht doch um den Schutz der Jugend und
b) es betrifft doch ohnehin nur “Schmuddelkram”.
Dagegen behaupte ich:
a) ist nur dann ein Argument, wenn es keine Möglichkeit der Regulierung mit geringeren Eingriffen für Erwachsene gäbe und
b) ist überhaupt gar kein Argument, weil es zum legitmen Gebrauch der Freiheit Erwachsener gehört, sich auch fragwürdige Inhalte anzuschauen (strafbare Inhalte natürlich ausgenommen).
zu 4. und 6.
Altersverifikationssysteme erweisen sich in der Praxis als nutzlos, weil sie zwar inländische Angebote wirksam beschränken, aber ausländische Angebote völlig unberührt bleiben. Es bräuchte also eine Lösung, die für in- und ausländische Angebote gleichermaßen funktioniert.
zu 7.
Ihr Anspruch darüber zu entscheiden, “wann und wie ich mein Kind an problematische Inhalte heranführe”, kann ich nachvollziehen. Allerdings: Kinder und Jugendliche tauschen Inhalte (auch pornografischer Natur) via Bluetooth-Handy und ggf. in Sozialen Netzwerken und Chats. Da hilft auch kein AVS.
Es bräuchte m.E. einen Wettbewerb um das bessere (nutzerautonome) Jugendschutzprogramm, damit sich ein Markt und die Nachfrage entwickelt. Der ganze Anerkennungsbürokratismus von KJM (zukünftig FSM) und die Fixierung auf die eine technologische Lösung, die bitte perfekt zu sein hat, steht dem Jugendschutz nur im Wege.
§ 4 Nr. 11 UWG kann realistisch nur dort helfen, wo der Anbieter freiwillig eine ladungsfähige Anschrift im Impressum angibt und in Deutschland sitzt. Solche Anbieter verhalten sich aber eher rechtstreu, denn § 184 StGB schreckt ab. Das Problem ist der Anbieter, der nicht mit den klassischen Mitteln des Zivilprozessrechts greifbar ist.
zu 3.
Natürlich: Es gilt wie bei allen staatlichen Maßnahmen das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Da setzt auch meine Kritik an, nämlich an der für die Anbieter zu strengen Auslegung von § 4 Abs. 2 JMStV. Es gibt mildere Mittel, die einen gleichermaßen effektiven Jugendschutz gewährleisten. Aber nochmal: § 4 Abs. 2 JMStV ist nach meiner Auffassung okay. Es kommt drauf an, was man draus macht.
Außerdem haben Sie mit Ihrem weiteren Punkt Recht: Unter dem Deckmantel des Jugendschutzes wird viel “Schmuddelkram” geregelt, der eigentlich nicht geregelt werden darf. Dies geht in die Richtung meiner Meinung, dass man mal intensiver darüber nachdenken müsste, was Pornografie heutzutage eigentlich ist und welchen Einfluss sie auf Minderjährige ausübt. Für die Beantwortung der letzteren Frage ist die Medienwirkungsforschung zuständig. Von der hört man leider wenig.
zu 4. und 6.
Richtig, es bedrüfte zumindest eines einheitlichen Mindeststandards. Die technischen Lösungen können ruhig divergieren. Für die Übergangszeit darf man den deutschen Jugendschutz aber nicht aufheben. Sie sagen es: Perfekte Lösungen gleich zu Anfang wird es nicht geben. Dazu verweise ich auch auf den Kommentar von Herrn Prof. Heckmann.
zu 7.
Auch richtig. Ich will und kann mein Kind nicht lückenlos überwachen. An bestimmten neuralgischen Punkten will und muss ich aber mitreden.
In Bezug auf die Jugendschutzprogramme treffen Sie ins Schwarze. Hier muss was passieren. Die künftige Zuständigkeit (auch) der FSM stimmt mich aber optimistisch. Deren Arbeit kenne ich recht gut.
Christian Scholz kommt auf seinem Blog bzgl. der Beeinflussung von Pornos bei Jugendlichen in diesem Artikel zu folgendem Ergebnis:
“Zusammenfassung
Für mich sprechen diese Funde ein klares Bild, was unsere Jugendlichen anbelangt.
* Pornographie ist alltäglich
* Eine Verrohung findet nicht statt, eher eine Wendung hin zu Liebe
* Man kann zwischen realer Welt und der Porno-Welt durchaus unterscheiden
* Man gibt (natürlich) mit Pornos an
* Ein schädlicher Einfluss ist nicht zu erkennen
Es bleibt die Frage: Wieso braucht es einen regelnden Jugendschutz und damit Jugendmedienschutzstaatsvertrag in diesem Bereich, wenn es doch gar kein Problem gibt?”
Und mal ehrlich: kleine Kinder sollten unter Aufsicht Ihrer Eltern im Netz surfen, denn es gibt immer Sachen, die ein Kind nicht versteht, unabhängig von Pornographie oder Gewaltdarstellungen. Oder schicken sie Ihre 5jährige Tochter alleine zum Einkaufen in die Stadt? Ein Jugendmedienschutz über Verbote oder Filter wird nur dann funktionieren, wenn sie sie bis zum 18. Lebensjahr einsperren.
Zur Anregung, ein Zitat aus diesem Blogeintrag:
“Für mich sprechen diese Funde ein klares Bild, was unsere Jugendlichen anbelangt.
* Pornographie ist alltäglich
* Eine Verrohung findet nicht statt, eher eine Wendung hin zu Liebe
* Man kann zwischen realer Welt und der Porno-Welt durchaus unterscheiden
* Man gibt (natürlich) mit Pornos an
* Ein schädlicher Einfluss ist nicht zu erkennen
Es bleibt die Frage: Wieso braucht es einen regelnden Jugendschutz und damit Jugendmedienschutzstaatsvertrag in diesem Bereich, wenn es doch gar kein Problem gibt?”