OLG Düsseldorf: Zivilprozessuale Darlegungslast und datenschutzrechtliche Einwilligung beim Datenhandel

Manchmal muss man platte Wahrheiten bloggen, auch wenn’s wehtut. So auch diese: Adresshandel ist grundsätzlich erlaubt. Obwohl in der Öffentlichkeit und vor Gericht vereinzelt der Versuch unternommen wird, den gegenteiligen Eindruck zu vermitteln, ist und bleibt die dauerhafte oder zeitweise Überlassung personenbezogener Daten keine per se illegale Tätigkeit. Es müssen lediglich die Voraussetzungen des im September 2009 verschärften Bundesdatenschutzgesetzes beachtet werden. Danach werden an die Datenerhebung, -übermittlung und -nutzung zu Werbezwecken zwar erhöhte Anforderungen gestellt. Die Zirkulation personenbezogener Daten wird dadurch auch sicherlich erschwert. Werbewirtschaft, Medienunternehmen und Meinungsforscher dürfen aber weiterhin bestimmte listenmäßig erfasste Daten bestimmter Personengruppen nutzen. Jedenfalls nach aufgeklärter Einwilligung des Betroffenen können personenbezogene Daten vom Verkäufer an den Käufer übermittelt und vom Käufer anschließend zu Werbezwecken verwendet werden. Dies gefällt etwa den Verbraucherzentralen, der Piratenpartei oder dem CCC nicht wirklich. Jenseits dessen dürfte das unternehmerische Bedürfnis nach einer legalen, zielgruppengerechten und streuverlustarmen Direktansprache bei gleichzeitiger Beachtung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen aber über Parteigrenzen hinaus politisch anerkannt sein. Eine rechtskonforme Gestaltung von Veräußerungs- und Erwerbsvorgängen ist daher wie schon vor der Gesetzesreform möglich. Soviel vorab zur Rechtslage.

Wenn es zwischen Verkäufer und Käufer zum Streit über die Vergütung der Datenlieferung kommt, liegt es für den Käufer der Daten vor dem Hintergrund der strengen datenschutzrechtlichen Gesetzeslage nahe, die Erteilung der Einwilligungen der Betroffenen oder die Wirksamkeit der Opt-Ins zu bestreiten. Im Verhältnis zum Betroffenen trifft den Verwender personenbezogener Daten nämlich die Darlegungs- und Beweislast, dass der Betroffene seine Einwilligung wirksam erteilt hat. Ein einfaches Bestreiten mag in diesem Verhältnis datenschutzrechtlich auch beachtlich sein. Allerdings lässt sich dies nicht auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Verkäufer und Käufer von personenbezogenen Daten übertragen. Dies bestätigt ein aktueller Beschluss des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Febraur 2010, I-17 U 167/09), den mein JBB-Kollege Julian Höppner erwirkt hat. Das OLG stellt klar, dass die beklagte Datenkäuferin für etwaige Nichtigkeitsgründe, Zurückbehaltungs- oder Gewährleistungsrechte, etwa wegen fehlender Einverständniserklärungen der Andressinhaber, voll darlegungsbelastet ist. Es genügt nicht vorzutragen, allen Adressen habe der  Opt-In gefehlt. Vielmehr sei eine “detaillierte Darlegung” gefordert, welche Person wann in welcher Form und mit welcher Begründung das fehlende Einverständnis artikulierte.

Das Datenschutzrecht ist demnach nicht geeignet, sämtliche schuldrechtlichen und zivilprozessualen Grundsätze auszuhebeln.

This entry was posted in Allgemein. Bookmark the permalink. Both comments and trackbacks are currently closed.

One Comment

  1. Posted 4. März 2010 at 08:34 | Permalink

    Da hat sich die Beklagte ja wirklich ungeschickt angestellt. Aber ein sehr aufschlussreicher Beschluss – insbesondere auch im Hinblick auf die genannten Zahlen :)

    Beste Grüße
    RJ